- ökonometrische Modelle
- 1. Begriff: Abstrahierende und vereinfachende Abbilder ökonomischer Phänomene, d.h. mehr oder weniger gute Approximationen des realen ökonomischen Geschehens. Die Konstruktion eines Modells ist dabei an den beabsichtigten Verwendungszweck gebunden. In der ökonomischen Theorie und in der ⇡ Ökonometrie wird für die Abbildung eine analytische Darstellung bevorzugt.- Bei einem ö.M. ist zwischen variierenden und nichtvariierenden Charakteristika zu unterscheiden. Aus den variierenden Charakteristika des betrachteten und zu analysierenden ökonomischen Phänomens ergeben sich im Laufe des zum Modell führenden Abstraktionsprozesses die Variablen des resultierenden Modells. Alle anderen Modellelemente wie die Beziehungen zwischen den Variablen, die Annahmen über Parameter dieser Funktionalbeziehungen oder die Klassifikation der Variablen (⇡ endogene Variable, ⇡ exogene Variable) bilden die nichtvariierenden Charakteristika. Die Klassifikation der Variablen ist eine von Fall zu Fall zu treffende Entscheidung und ein i.d.R. meist nur pragmatisch zu lösendes Problem.- 2. Modellbildung: Die Beziehungen zwischen den Variablen werden durch Relationen (Gleichungen, Ungleichungen) beschrieben, die unbekannte Parameter enthalten können. Die ökonomischen Modelle sind i.d.R. deterministisch formuliert, weil die Wirtschaftstheorie primär an der logischen Analyse ökonomischer Begriffsbildungen und Hypothesen interessiert ist. Oft ist es dabei nicht einmal notwendig, die Funktionalform und die Parameter der Relationen zwischen den Modellvariablen näher zu konkretisieren. Sobald jedoch ein Modell aus der ökonomischen Theorie auf seinen empirischen Gehalt überprüft werden soll, ist eine entsprechende Konkretisierung vorzunehmen, d.h. die Begriffsbildungen der theoretischen Analyse sind in operable wirtschaftstatistische Größen umzusetzen, die Funktionalformen und die Annahmen über die Parametervariation müssen festgelegt werden etc.- 3. Probleme: Wird ein ökonomisches Modell mit Beobachtungsdaten konfrontiert, so zeigt es sich, dass – von definitorischen Beziehungen einmal abgesehen – die Modellrelationen, solange die Parameter als konstant angesehen werden, die Variation der Beobachtungswerte nicht vollständig erfassen können. Mögliche Ursachen zur Erklärung dieser Diskrepanzen zwischen Empirie und Modell sind Beobachtungs- oder Messfehler in den Daten, Spezifikationsmängel (⇡ Spezifikation) des verwendeten Modells oder eine gewisse Unbestimmtheit in den Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte.- Der gebräuchlichste Ansatz in der Ökonometrie zur Lösung dieses Problems besteht nun darin, durch die Aufnahme nichtbeobachtbarer ⇡ Zufallsvariablen in die Modellspezifikation diesen Diskrepanzen Rechnung zu tragen. Diese Zufallsvariablen sollen alle Einflussfaktoren repräsentieren, die ansonsten bei der gewählten Funktionalform bzw. durch eine Nichtberücksichtigung dieser Größen in der Liste der erklärenden Variablen unberücksichtigt blieben. Da diese Zufallsvariablen bei einer Konfrontation des Modells mit der Empirie die Abweichungen zwischen den durch das Modell beschriebenen Werten und den Beobachtungsdaten repräsentieren, werden sie auch als Störvariablen (⇡ Störgröße) bezeichnet. Durch die Einführung dieser Störvariablen erhalten alle vom Modell zu erklärenden Variablen einen stochastischen Charakter. Diese Stochastisierung ist eine wesentliche Charakteristik ö.M. Selbstverständlich lassen sich auch durch entsprechende Spezifikationen alternativ oder zusätzlich zu diesen Störvariablen stochastische Mess- oder Beobachtungsfehlern berücksichtigen.- 4. Formen und Typen: Durch die Anzahl der Relationen, deren Funktionalform und durch spezifische Annahmen über den Charakter der Zufallsvariablen im Modell sowie durch strukturelle Besonderheiten und in Abhängigkeit von der verwendeten Datenbasis ergeben sich unterschiedliche Formen und Typen ö.M., die in aller Regel auch spezifische, methodische Ansätze zur Strukturschätzung erfordern (⇡ ökonometrische Methoden).- Zu unterscheiden sind: (1) ⇡ Einzelgleichungsmodelle und ⇡ Mehrgleichungsmodelle; (2) ⇡ ökonometrische Makromodelle und ⇡ ökonometrische Mikromodelle; (3) Strukturmodelle (⇡ ökonometrische Strukturmodelle) und ⇡ Zeitreihenmodelle; (4) ⇡ Logit-Modell, ⇡ Probit-Modell und ⇡ Tobit-Modell; (5) nach der Grundzeitperiode der verwendeten Zeitreihendaten unterschiedene Modelle (z.B. in Jahres- oder Vierteljahresmodelle).- 5. Verwendung ö.M. in der Praxis: a) Verwendungsbereiche: (1) Allgemeine: Ö.M. werden sowohl zur Überprüfung von Hypothesen der ökonomischen Theorie als auch zur Vorbereitung wirtschafts- und sozialpolitischer Entscheidungen benutzt. Die Eignung ö.M. zur Diskriminierung zwischen alternativen ökonomischen Hypothesen ist allerdings nicht unumstritten. Bes. problematisch ist es, den Einfluss von in ein Modell aufgenommenen Variablen, die zwar die Beschreibungsqualität verbessern, aber nicht zum eigentlichen Kern der zu überprüfenden Hypothese gehören, zu ermitteln. Eine ausreichende Ex-Post-Prognosefähigkeit und v.a. eine entsprechende Ex-Ante-Prognoseleistung garantieren noch keinen Erklärungsgehalt, sind aber notwendige Voraussetzungen für ein zumindest vorläufig empirisch bewährtes ökonomisches Modell. Deshalb gibt es heute praktisch kaum noch ökonomisch-theoretische Beiträge ohne den Versuch einer empirischen Untermauerung mithilfe eines entsprechenden ö.M.- (2) Spezielle: (a) Prognosemodell (⇡ ökonometrisches Prognosemodell); (b) Entscheidungsmodell (⇡ ökonometrisches Entscheidungsmodell).- b) Empirie: Die Verfügbarkeit leistungsfähiger Rechner und die Fortschritte auf dem Gebiet der Softwareentwicklung haben die Konstruktion und die Einsatzmöglichkeiten ö.M. sowie den Ausbau des ökonometrischen Methodenarsenals in den letzten Jahren in hohem Maße begünstigt. Eine Vielzahl von anwendungsorientierten Softwaresystemen für die Arbeit an und mit ö.M. steht heute zur Verfügung.- Vgl. auch ⇡ ökonometrische Struktur.
Lexikon der Economics. 2013.